Dienstag, 30. August 2011

100 Jahre Tel Aviv: Die neue hebräische Kultur und ihre visuelle Repräsentation

Philipp Messner

Im Jahre 1909 wurde vor den Toren der arabisch dominierten Hafenstadt Jaffa der Grundstein für die zukünftige Stadt Tel Aviv gelegt. Die Gründung war Teil der Bemühungen um den Aufbau einer jüdischen Gesellschaft im «Land Israel», wie sie der Zionismus als jüdische Nationalbewegung anstrebte. Ausgehend von der Erosion der traditionellen Religiosität, der Bedrängung der Juden im zaristischen Russland und der tiefen Krise der Aufklärung in Westeuropa formulierte der Zionismus die Notwendigkeit einer radikalen Erneuerung jüdischer Kollektividentität nach dem Muster des europäischen Nationalismus. Im Laufe der 1920er Jahren etablierte sich Tel Aviv mit der zunehmenden  jüdischen Einwanderung ins mittlerweile unter britischer Verwaltung stehende  Palästina als urbanes Zentrum einer neuen jüdischen Gesellschaft und  Kultur – als «erste hebräische Stadt der Moderne».

Die visuelle Repräsentation des nationalen Aufbaus war in seinen Anfängen inhaltlich und formal stark von einem romantischen Orientalismus geprägt. Zu Beginn der 1930er Jahre ist allerdings ein deutlicher Bruch mit dieser Vorstellungswelt auszumachen: Parallel zu dem sich verschärfenden jüdisch-arabischen Konflikt und der nach 1933 einsetzenden Einwanderungswelle aus Mitteleuropa erfolgte auf verschiedenen Ebenen eine Hinwendung zu den  ästhetischen Prinzipien der klassischen Moderne. In Tel Aviv entstand in diesen Jahren eines der bedeutendsten Ensembles von Bauten im «International Style», das als solches 2003 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen  wurde. Neben der Architektur fand die Hinwendung zum «Neuen» ihren Niederschlag aber auch in einer radikal-modernistischen hebräischen Typografie als direktem visuellem Ausdruck der erneuerten hebräischen Sprache und Kultur.

Der Vortrag beleuchtet anhand von historischem Bildmaterial den kulturrevolutionären Impuls des zionistischen Projekts in seiner formativen Phase vor Gründung des Staates Israel.

Philipp Messner ist Kulturwissenschaftler und wohnt in Berlin. 


Die Veranstaltung ist Teil der Reihe «Forum für Kunst- und Kulturwissenschaften» am Corner College Zürich.

Freitag, 27.3.2009, 19-21 Uhr
CORNER COLLEGE
Perla-Mode
Langstrasse 84 / Brauerstrasse 37
CH–8004 Zürich

http://www.corner-college.com



 Abbildung: Hapoel Haivri, Visualisierung für die Levant Messe, Tel Aviv 1934

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen